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Obras por Wolfgang Bergmann

Disziplin ohne Angst (2007) 5 exemplares
Arbeitersongbuch. (1973) 3 exemplares
Gemeinsam gegen Gewalt (2001) 3 exemplares

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Die zentrale Erkenntnis dieses Buches ist: einseitiges Spielen im Internet (Rollenspiele wie World of Warcraft) basiert auf bestimmten Mangelzuständen in der Sozialisation bzw. dem Umfeld von Kindern, die im Rahmen dieser Spiele ausgeglichen werden können. Kontrolliert, also in Maßen gespielt, sei dies kein Problem, aber es wird dort gefährlich, wo einseitige Fixierungen auf die Omnipotenz dieser Spiele eintreten.

Wer immer dem verfällt (also auch Erwachsene) fährt auf der Spiele-Autobahn und wird im normalen Leben zusehends unfähiger, gehemmter und entwickelt sich zum sozialen Versager in der Real-Umwelt. Das Buch ist eine sehr gute Beschreibung von Rollenspielen wie World of Warcraft und den damit möglichen Problemen, es skizziert therapeutische Beispiele und erklärt alles in einem einfach zu verstehenden, nachvollziehbaren Deutsch.

Trotzdem ist es einseitig und gleitet zu sehr in die Kritik von Computern bzw. Möglichkeiten des Internet ab. Aber dies ist möglicherweise dem reißerischen Titel geschuldet, also durchaus ehrlich. Das Buch beschreibt auch die positiven Möglichkeiten des Internet, aber doch sehr verkürzt, diese Aspekte passen nicht in das (bewusst gewählte) aufrüttelnde Thema. Es hat mir trotzdem Spaß gemacht, die Ausführungen zu lesen, obwohl zu oft der Terminus nach neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung verwendet wurde.

Heimat ist im Netz nicht möglich, steht auf Seite 28. Ich sehe das anders. Unmotivierte Lehrer, falsches Wissenspauken, uninteressierte Eltern etc. auf diesem Humus suchen Kinder nach einer neuen Heimat und finden sie im Netz. Wikipedia.de ist eine solche Heimat genauso wie Rollenspiele à la World of Warcraft oder Kreativseiten wie iStockphoto.com Anerkennung, Kreativität und Status sind hier viel schneller möglich als bei Lehrern, die Kinder oft einseitig abschreiben bzw. an sozialen Vorurteilen festhalten.

Das parallele Vorhandensein von Heimat im Netz und der Heimat vor Ort kann sich sehr positiv entwickeln, beide können sich ergänzen. Klassische, traditionelle Bildung wird heute im Internet vollkommen neu gedacht bzw. herausgefordert. Das Internet bzw. auch Internetspiele sind nichts anderes als ein Seismograph für Fehler der klassischen Bildungsinstitutionen und natürlich auch der Eltern bzw. einer geballten Medienumwelt. Es wird die nahe Zeit kommen, in der sich beide ergänzen, aufeinander aufbauen.

In Universitäten werden Simulationen (wie z.B. World of Warcraft) schon immer gelehrt bzw. angewendet. Nur heißen sie dort z.B. Unternehmensplanspiele. In der Weltraumforschung bzw. der Pilotenausbildung kann ich als angehender Pilot ohne Gefahr gefährliche Situationen durchleben, ohne die Konsequenzen physisch zu erleiden. Und gerade dort werden die best qualifizierten Spezialisten ausgebildet. Ich sehe das Thema Internet bzw. Rollenspiele deshalb bei weitem nicht so problematisch wie es in diesem Buch dargestellt wird. Was hindert Lehrer eigentlich daran, World of Warcraft zu einem Unterrichtsfach zu machen, es unterstützend und positiv zu begleiten?

Arno Schmidt sagte 1950 sinngemäß, wie unglaublich es wirken müsste, wenn man die Gehirne von Menschen zusammenschließen könnte. Nichts anderes ist heute das Internet. Und über die positiven Wirkungen der nur gedanklichen Auseinandersetzung mit anderen Menschen im Gegensatz zur meist vorurteilsbelasteten Körperchemie, also dem realen Treffen, habe ich noch nichts gelesen. Aber die ungeheuer bereichernden Ergebnisse selbst erfahren. Dieses neue, faszinierende Spannungsfeld (wie immer sollte man es in einer zeitlichen Balance halten) wird in dem Buch nicht einmal erwähnt.

Und doch wird mit dem Schluss-Satz des Buches eine Ahnung darauf gerichtet: ...das World Wide Web ist ein gigantischer Wissensspeicher, der es uns ermöglicht, unser Gehirn endlich für das zu benutzen, wofür es eigentlich optimiert ist: nicht für das Auswendiglernen von Fakten, sondern für das Lösen von Problemen, die das reale Leben für uns bereit hält oder die wir uns immer wieder selbst bereiten. Hinzuzufügen wäre, dass es aber kein reiner Wissensspeicher ist, sondern soziale Zusammenarbeits-Hilfe-Strukuren aufbaut, die klassische Machtstukturen in Zukunft untergraben wird und demokratische Möglichkeiten eröffnet, von denen wir alle bislang nur geträumt haben.

Ich hätte mehr Ausgleich, mehr konstruktive Hinführung zu einem faszinierenden Medium erwartet, das unsere Welt stärker verändern wird als dies die Reformation von Martin Luther geschafft hat. Das Buch bewegt sich leider auf dem Sog abwärts einer abwehrenden Computer-Internet Haltung, die heute niemandem mehr hilft.

2007
… (mais)
 
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Clu98 | 1 outra crítica | Mar 22, 2023 |

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